San Juan Chamula - Shamanen bei der Arbeit

San Juan Chamula ist ein kleiner Ort in den Bergen Chiapas. Die Kirche in der Ortsmitte ist das spirituelle Zentrum für viele indigene Bewohner der Region. Ich habe kürzlich einen Vormittag dort verbracht und davon möchte ich euch heute berichten.

Von außen schaut die Kirche in San Juan Chamula aus wie jede andere Kirche - sobald man diese aber betritt, eröffnet sich einem eine komplett andere Welt.


Touristen müssen 25 Pesos Eintritt bezahlen und werden mehrfach daran erinnert, dass es streng verboten ist Foto- und Videoaufnahmen im Inneren der Kirche zu machen.

Es ist dunkel und düster in dem Gebäude. Durch die kleinen Fenster fällt nur wenig Licht ins Innere. Kirchenbänke oder einen Altar, wie wir das kennen, gibt es nicht. Der Boden ist mit Piniennadeln bedeckt und an den Wänden aneinander gereiht stehen lauter Glasvitrinen. In diesen Vitrinen befinden sich sämtliche Heilige und noch mehr Jungfrauen, die hier verehrt werden. Davor stehen Holztische, auf denen brennende Kerzen stehen.

Die Rituale der Shamanen spielen sich aber am Boden ab. Hier sitzen Heiler und Hilfesuchende auf dem Steinboden vor fein säuberlich und akurat aufgestellten Kerzen. Um die Geister wohl zu stimmen, wird ihnen Cola und Gatorade geopfert - Hauptsache Zucker, Wasser scheint nicht die gewünschte Wirkung zu zeigen.

Die Gründe weshalb Menschen hier her kommen sind vielfältig: Manche benötigen eine Entscheidungshilfe, junge Familien beten für ihren Kinderwunsch und andere suchen hier Heilung bei Krankheiten. Eine solche Zeremonie habe ich mitverfolgt.

Die Oma der Familie, um die es wohl ging, saß direkt neben der Shamanin. Sie war sehr alt und machte einen kranken und gebrechlichen Eindruck. Atmen ist ihr augenscheinlich schwer gefallen. Begleitet wurde sie von ihren Kindern und einem Enkelkind, die ebenfalls am Boden Platz genommen haben. Zuerst wurde gemeinsam gebetet - die Shamanin hat dabei die Hände der alten Frau gehalten. Danach wurde die Cola und ein lebendiges Huhn ausgepackt. Während die Shamanin irgendwelche Mantras vor sich hinmurmelte und die alte Frau immer wieder mit dem lebendigen Huhn berührt und abstreift, wird der Familie fad: Die Tochter beginnt zu sticken und das Enkelkind wird mit einem Smartphone ruhig gestellt. Dies dauert einige Minuten und nachdem wohl genug gebetet wurde, ging es dem Huhn an den Kragen. Erst flatterte es noch wild und versuchte sich zu wehren, aber die Shamanin wußte genau wie zupacken. Ein Mann wurde heran gewunken und er hatte dann die ehrenvolle Aufgabe dem Huhn das Genick zu brechen. Ein paar Sekunden lang hat das Tier noch geflattert und gezuckt, aber nachdem der Mann es kopfüber fest im Griff hatte, hatte die Qual bald ein Ende.

Huhn tot, Cola leer und die Kerzen fast bis zum Boden abgebrannt - nun hatte die Zeremonie ihr Ende gefunden und die alte Frau wurde gestützt durch ihre Familie aus der Kirche gebracht.

Wer sich die Kirche in San Juan Chamula anschauen und die Zeremonien beobachten möchte, sollte dies unbedingt auf eigene Faust machen! Ich war bereit den Ort wieder zu verlassen, als gegen 11 Uhr die ersten Tour-Busse vor der Kirche Halt gemacht haben. Von San Cristóbal kommt man um 18 Pesos mit dem Collectivo, welches in der Nähe des Mercados abfährt, nach San Juan Chamula. Der Trip hat mich 36 Pesos für den Transport und 25 Pesos Eintritt gekostet - und ich konnte selbst entscheiden, wie lange ich dort bleiben möchte.

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