Warum Mexiko einen Platz in meinem Herzen verdient hat

 



 

Mexiko gilt als mittel sicheres Reiseland. Es ist weithin bekannt, dass die Politik und die Justiz korrupt sind und - zumindest gewisse Teile des Landes - von Drogenkriegen geprägt sind. Es gibt wenige Länder, in denen so viele ethnische Konflikte ausgetragen werden und in denen die Kriminalitätsrate so hoch ist. Irgebdwo habe ich gelesen, dass alleine in Mexiko City jedes Jahr über 15.000 Menschen ermordet werden. Inzwischen bin ich seit über einem Monat hier und habe mich noch nie unsicher gefühlt - auch nicht zur Rushhour in der Metro.

Magie hat das Land eindeutig - die wunderbar bunten Kolonialstädte, die unberührten Strände am Pazifik und das fantastische Essen sind absolut einmalig. Was mich persönlich aber am meisten begeistert sind die Menschen und die Neugier und Offenheit wie sie Ausländern begegnen. Dazu kommt diese unglaubliche Selbstverständlichkeit, wenn es darum geht zusammen zu halten oder Menschen zu helfen. Einige Male bin ich schon in diesen Genuss gekommen - und von einigen Begegnungen möchte ich euch heute erzählen:

Angefangen hat alles mit meiner Pilgerfreundin Silvia, die mir ganz selbstverständlich angeboten hat, während meinen ersten Tagen in Mexiko in der Stadtwohnung ihrer Familie zu leben. Eine Woche lang war ich Teil der Familie und des Freundeskreises und der Abschied ist mir dementsprechend schwer gefallen. Natürlich wollte ich Silvia meinen Wohnungsschlüssel zurück geben, aber sie hat darauf bestanden, dass ich ihn behalte. Nur für den Fall der Fälle - und damit ich jederzeit wieder zurück nach CDMX kommen kann und ein Dach über dem Kopf habe, auch wenn sie oder ihre Familie nicht im Lande sind.

Auf meiner 9 stündigen Busfahrt von Puerto Escondido nach Oaxaca habe ich eine Familie kennen gelernt - Oma, Mutter und zwei Teenager, ein Mädchen und ein Junge. Der Junge, gerade 14 geworden, träumt davon einmal nach Europa zu reisen. Seine Mutter hat ihn ermuntert mit mir zu sprechen, aber so richtig gesprochen hat er nicht mit mir. Als der Bus eine längere Essenspause eingelegt hat, haben wir zusammen gegessen und er hat mir anvertraut, dass er sich nicht traut Englisch zu sprechen. Generell fällt es ihm schwer, mit Menschen die er nicht kennt zu kommunizieren. Deshalb hat er mir geschrieben - auf seinem Handy. Dieses haben dann 2 Leute weiter gereicht, damit ich seine Nachricht an mich lesen und beantworten konnte. Für mich war es sehr spannend, was junge Mexikaner alles über Europa wissen wollen und ich wünsche ihm, dass sein Traum einmal in Erfüllung gehen wird.

Vor einiger Zeit ist meine optische Sonnenbrille gebrochen - der Rahmen ist kaputt, die Gläser ganz, aber ein Tragen unmöglich. Am Strand gab es leider keinen profesionellen Optiker, also bin ich in Oaxaca City sofort in ein Geschäft in der Hoffnung jemanden zu finden, der meine Brille reparieren kann. Der junge Optiker hat das Problem analysiert (Materialfehler, zu viel Spannung auf dem Rahmen, ein klarer Garantiefall) - eigentlich kann er da nicht viel machen, außer mir eine neue optische Sonnenbrille zu verkaufen. Das dies keine Option für mich ist, hat er verstanden und als seine Chefin Feierabend gemacht hat, hat er mir angeboten zu versuchen den Rahmen zu kleben. Ich bin los zum Supermarkt um Kola Loka (mexikanischer Superkleber) zu kaufen und er hat seine Geräte zum aufweichen des Kunststoffrahmens und das kalte Wasserbad vorbereitet. In einer 15 minütigen "Operation" hat er meine Brille geflickt und diese sollte nun mit etwas Glück auch halten. Als ich ihn nach einer Rechnung gefragt habe, war er fast beleidigt. Natürlich hat er das umsonst gemacht! Es hat mich echt fast 5 Minuten gekostet, ihm wenigstens ein bisschen Trinkgeld aufzuschwatzen.

In Zicatela habe ich am Strand ein wunderschönes Armband gekauft - aber leider bin ich manchmal etwas tollpatschig und hab es selbst kaputt gemacht. Ein Glied der Kette ist gerissen und ich habe mich über mich selbst geärgert. Auf einem Markt habe ich einen Schmuckdesigner kennen gelernt und ihm von meinem kaputten Armand erzählt. Er hat angeboten es sich anzuschauen und hat sofort auf der Stelle das fehlende Verbibdungsstück nachgebaut und mein neues Lieblingsarmband repariert. Geld wollte er keines, die nette Unterhaltung mit mir, wäre seine Bezahlung. :)

Kürzlich habe ich einen Wandertrip in die abgelegenen Dörfer der Sierra Norte gemacht. Der Plan war mit öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 60 Kilometer zürück nach Oaxaca zu kommen. Laut der Auskunft im Tourismusbüro würde das Collectivo "ahorita" kommen - ahorita darf man in Mexiko allerdings nicht wörtlich nehmen - es heißt zwar gleich, kann aber auch bedeuten, dass das Sammeltaxi auch erst in 2 Stunden oder vielleicht auch erst morgen abfährt. Je nachdem wie lange es dauert, bis ca 10 Menschen beisammen sind eben. Ich war auf über 3000 Metern Höhe und sobald die Sonne untergeht, wird es empfindlich kalt dort oben. Auch nach einer Stunde warten am Straßenrand war kein Sammeltaxi zu sehen - sowieso fährt nur ca alle 10 Minuten irgendein Fahrzeug vorbei. Aber ich hatte Glück: Ein Mexikaner mit seinem Pick-up war unterwegs Richtung Tal und hat meine Handzeichen gesehen. Also rauf auf den Pick-up und los geht die Fahrt! 2 Stunden lang hat die kurvenreiche Fahrt bis Oaxaca City gedauert - ich wurde von einem wildfremden Menschen direkt an meinem Hostel abgeliefert.

... und dies sind nur einige der bleibenen Begegnungen, die ich in Mexiko machen durfte. Es ist fast genau 2 Jahre her, seit ich 4 Monate in Mexiko verbracht habe und immer noch, könnte ich stundenlang von diesem tollen Land schwärmen. ESTOY ENAMORADA! :)


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