Pueblos Mancomunados - Abenteuer in der Sierra Norte

Das Umland von Oaxaca hat viel zu bieten - und wer etwas mehr Zeit mitbringt, sollte sich einen Ausflug in die Sierra Norte nicht entgehen lassen. Hier befinden sich die Pueblos Mancomunados - 7 Dörfer, die sich für ein Öko-Tourimus-Projekt zusammen geschlossen haben und Besuchern spektakuläre Naturerlebnisse auf über 3000 Metern bieten. Idealerweise hat man 5 bis 7 Tage Zeit und eine gut gefüllte Urlaubskassa; dann bietet sich nämlich die Möglichkeit von Dorf zu Dorf zu wandern und jeden Tag an einem anderen Ort zu übernachten.

Natürlich war ich sofort von der Idee begeistert, in diese wenig besiedelte Ecke zum Wandern zu fahren - allerdings möchte ich nur einen Tag dorthin. Meine Recherche wie sich das umsetzen lässt, hat mich recht schnell ernüchtert: Es werden nur sehr preisintensive Ausflüge mit Guides angeboten, mit Programmpunkten, die nicht so ganz meine Interessen treffen. Auch ein privater Fahrer mit eigenem Auto würde mindestens 2000 Pesos pro Tag kosten - kann man machen, aber nur für mich alleine um dorthin zum Wandern zu fahren, ist mir das zu teuer.

Die meisten Reisenden, die Oaxaca für 3 oder 4 Tage besuchen, lassen die Sierra Norte in ihrer Planung links liegen. Die Anfahrt ist lange und beschwerlich und eindeutig nix für Leute, denen bei kurvenreichen Straßen schlecht wird oder die Probleme mit der Höhe haben.

Es ist durchaus möglich ohne Tour und ohne Guide dort hin zu gelangen - aber alleine um nach Cuajimoloyas, das best zugängliche Dorf der Pueblos Mancomunados, zu gelangen braucht man bis zu 3 verschiedene Transportmittel - und vieeeeeel Zeit.

In Oaxaca habe ich Martin aus der Slowakei und Johanna aus Deutschland kennen gelernt - gemeinsam wollten wir los ziehen um die kürzeste aller Wanderrouten von Cuajimoloyas bis nach Benito Juárez auszuprobieren. Je nach (offizieller!) Quelle ist die Route zwischen 6,6 und 8 Kilometer lang - das sollte also locker machbar sein und am Endpunkt hätten wir noch genug Zeit um die Hängebrücke und verschiedene Viewpoints oder sogar Wasserfälle zu besichtigen.

Der Plan war gemacht, eine offizielle Wanderkarte der Pueblos Mancomunados gekauft und ein Taxifahrer, der uns früh morgens hoch bringen sollte, organisiert.

Wir sind gegen halb 9 los gestartet - rückblickend würde ich beim nächsten Mal deutlich früher, gegen 7 Uhr, aus dem Zentrum von Oaxaca los starten. Mit dem bestellten Taxifahrer sind wir uns preislich nicht einig geworden und den zweiten mussten wir erst überzeugen, dass er uns nach Cuajimoloyas bringt. Mit etwas Geduld und Google Maps konnte die Fahrt auf 3100 Meter aber endlich starten!

Gute 2 Stunden später waren wir in Cuajimoloyas und haben uns im Büro der Dörfergemeinschaft angemeldet. Jeder hat eine Gebühr von 60 Pesos zahlen müssen, um die Wanderwege benutzen zu dürfen. Außerdem mussten wir unsere Personalien angeben und unterschreiben, dass wir ohne offiziellen Guide los starten. Einer der Guides hat uns dann in unsere Wanderkarte den Weg eingezeichnet - offensichtlich nicht der, der in der offiziellen Wanderkarte eingezeichnet war. Er hat uns auch gewarnt, dass die Markierungen schlecht sind und wir genau aufpassen sollen, dass wir uns nicht verlaufen. Zu diesem Zeitpunkt waren wir noch der Meinung, dass dies die übliche Panikmache ist, damit wir doch noch in letzter Minute einen Guide buchen, um ein paar Meter durch den Wald zu wandern.

Voll motiviert sind wir los gestartet. Die Wanderung wird mit 3,5 Stunden angegeben - aber wir waren uns recht sicher, dass wir sicherlich nur maximal 2 Stunden benötigen würden. Die Natur und die Aussichten waren fantastisch! Überall um uns herum war es grün und ab und zu hat man im Wald einzelne Hütten sehen können. In Mexiko wachsen auf über 3000 Meter tatsächlich noch jede Menge Laub- und Nadelbäume. Wir sind auch immer wieder an Ackerflächen vorbei gekommen. Selten waren Kühe zu sehen und nie waren andere Wanderer oder Mountainbiker mit uns auf dem Weg...

Der Forstweg war super zu gehen und wir sind gut voran gekommen. An einer Weggabelung haben wir aber keine Markierung gefunden und haben uns aus dem Bauch heraus für den rechten Weg entschieden... das war der erste Moment des Zweifelns - aber solange der Fahrweg breit war, wollten wir weiter gehen. Nach etwas 15 Minuten hat der Weg in einen kleinen Pfad gemündet, der steil abwärts führt. Wir mussten kurz vor Benito Juárez sein, aber so steil abwärts sollte es laut Höhenprofil nicht gehen. Nach ein paar Minuten sind wir wieder umgedreht, da dies eindeutig nicht der richtige Weg sein konnte... also zurück zur letzten Weggabelung und dann nach links abbiegen. Dieser Weg hat uns nach wenigen Metern auf ein Privatgrundstück geführt - statt Menschen, die wir nach dem Weg fragen könnten, haben wir nur kläffende Hunde vorgefunden. Auch dies war wohl der falsche Weg...

Etwas desillusioniert haben wir dann eine Pause gemacht und sämtliche Karten befragt. Laut GPS waren wir nicht weit von unserem Ziel entfernt, nur ein kleiner Berg trennte uns von Benito Juárez. Die offizielle Wanderkarte war keine große Hilfe, aber obwohl niemand eine Markierung gesehen hat, mussten wir irgendwo wohl falsch abgebogen sein. Uns quer durch den Wald zu kämpfen war nicht wirklich eine Option - das einzig vernünftige war uns wieder in Richtung Cuajimoloyas, unserem Ausgangspunkt, zu bewegen. Irgendwo musste es ja auch die richtige Abzweigung geben, vielleicht würden wir sie ja bald finden...

Kurze Zeit später kam uns ein Wanderer entgehen, mit Mexico-Basecap und großem Rucksack. Als wir nach dem richtigen Weg gefragt haben, wurde uns klar, dass das nicht viel hilft. Der junge Mann war selbst auf dem vermeintlichen Weg nach Benito Juárez. Der Japaner, der weder Spanisch noch wirklich viel Englisch verstand, war der Meinung er sei auf dem richtigen Weg.... Leider war er uns keine große Navigationshilfe, aber er hat sich wenigstens davon überzeugen lassen, gemeinsam mit uns um zu drehen.

Dem guten Blick von Johanna und Martin ist es zu verdanken, dass wir nach einigen Minuten doch noch die richtige Abzweigung gefunden haben. Die Markierung, ein schwarzer Kaktus auf gelbem Hintergrund, hing am Ast eines Busches. Und endlich ging es jetzt auch wieder etwas aufwärts. Nach fast 1,5 Stunden suchen, waren wir nun doch endlich auf dem richtigen Weg - und oben angekommen wurden wir mit spektakulären Ausblicken belohnt. Nach einer kurzen Verschnaufpause - die Höhe macht sich bemerkbar - nahmen wir die letzen zwei Kilometer nach Benito Juárez in Angriff.

Um 14 Uhr, exakt 3,5 Stunden nachdem wir los gegangen sind, waren wir in Benito Juárez. Nach einem kurzen Snack sind wir weiter gewandert, schließlich wollten wir noch zu einem Aussichtspunkt und zu einer Hängebrücke bevor es dunkel wird. Hier war die Wegmarkierung deutlich besser und wir haben fast direkt hingefunden. Die Hängebrücke war wirklich spektakulär - ein paar Holzbretter und zwei Drahtseile - von der Aussicht habe ich leider nicht so viel mitbekommen, ich habe mich auf's heil drüber kommen konzentriert. Bei jedem Schritt hat die Brücke geknarzt und einmal ist kurz die Panik hochgekommen - aber da hilft nur weiter atmen und einen Fuß vor den anderen setzten...

... wenn ihr meint, dass dies das größte Abenteuer des Tages war, dann irrt ihr euch. Der Heimweg war die größte Herausforderung - es gibt die recht teuren Transfers, die man vorab buchen muss - oder eben den öffentlichen Verkehr, der mal mehr und mal weniger zuverlässig ist. Unser Motorrad-Taxi welches wir nach Benito Juárez bestellt haben, hat uns wohl vergessen und so sind wir mit einem Pick-Up zurück an die asphaltierte Straße. Dort sollten eigentlich regelmäßig Sammeltaxis vorbei kommen, die runter ins Tal an die Hauptstraße fahren um von dort aus den Bus zurück nach Oaxaca zu nehmen. Gemeinsam mit uns wartete auch ein mexikanisches Paar auf so eine Mitfahrgelegenheit. Die beiden hatten genau so wie wir einen Tagesausflug in die Sierra Norte gemacht und wollten auch retour in die Stadt. Wir standen also da und warteten... und warteten... und warteten... so alle 5 bis 10 Minuten kamen Autos vorbei, aber leider keine Sammeltaxis, die abwärts fuhren. Wir sahen nur volle Collectivos, die aufwärts fuhren. Anfangs hatten wir noch die Hoffnung, dass eines der Autos wieder ins Tal fahren würde, aber je länger wir warteten, umso unwahrscheinlicher wurde dies. Kurz vor 18 Uhr, als die Sonne gerade unterging, waren immer noch kein Bus oder Taxi zu sehen. Auf über 3000 Metern wird es schlagartig kalt, sobald die Sonne untergeht und wir beratschlagten, was wir tun sollen. Ins Tal absteigen wäre eine Möglichkeit, aber das wären mindestens 19 Kilometer und es würde lange dauern, bis uns wieder warm wird. Aufwärts war deshalb die bessere Wahl - der nächste Ort war nur ca. 3 Kilometer entfernt und von dort aus würden wir wohl eine Mitfahrgelegenheit ins Tal finden. Inzwischen ist unsere Gruppe der Wartenden auf 8 Personen gewachsen und so sind wir im Dunkeln bergauf gegangen. Bei manchen meiner Mitstreiter war dies der Zeitpunkt, um dezent nervös zu werden - völlig unbegründet, denn nur etwas 10 Minuten später blieb ein Mann in einem Pick-up stehen und bot uns seine Ladefläche an. Es war arschkalt, es war windig - aber wir würden definitiv noch eine warme Dusche bekommen und die Nacht ins unserem Bett verbringen. Der Mexikanier war sogar so nett und hat uns die gesamten 60 Kilometer bis in die Innenstadt gefahren - sowas würde einem in Österreich eher nicht passieren. :)


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