La noche loca - das echte Leben!

An einem meiner ersten Abende in La Punta habe ich nach dem Sonnenuntergang beschlossen mir einen Mojito zu gönnen. Mein Vorhaben war simpel: Einen Cocktail trinken und danach mit einem Buch in die Hängematte.

Ich bin in der Bikini-Bar gelandet. Statt der üblichen Barhocker sitzt man hier auf einer Schaukel, was recht witzig ist und ich bin schnell mit einem Typen, der zwei Schaukeln weiter gesessen hat, ins Gespräch gekommen.

Er hat sich als Horacio vorgestellt, ursprünglich aus Uruguay, lebt aber seit einigen Jahren in Paris. Er war in Mexiko um die Farm seiner Familie zu hüten und die Arbeit der Landarbeiter zu kontrollieren. Er ist in seinem Leben auch schon viel herum gekommen und so hatten wir sofort jede Menge interessante Gesprächsthemen. Da er jedes Jahr 5 bis 6 Monate in Mexiko verbringt, konnte er mir Orte nennen, die ich mir auf jeden Fall nicht entgehen lassen sollte. Aber er hat mich auch gewarnt: Auch wenn La Punta wie ein entspanntes Surferparadies wirkt, passieren hier immer wieder schlimme Dinge. Nachts an den Strand oder alleine im Dunkeln zurück zum Hostel gehen, können in einem Albtraum enden...

... aber wir wollten ja von schöneren Dingen sprechen! Wir haben viel gelacht und viel erzählt - von unseren Reisen, der Familie, unseren Jobs. Er hat mich an seinen Eindrücken von Paris teilhaben lassen - er lebt in einem durch und durch französischen Vorort und hat oft das Gefühl dort die Imigranten-Quote zu erfüllen. Die wenigstens Menschen wissen, dass er kein armer Flüchtling ist. Im Gegenteil: Seine Familie ist sehr wohlhabend und gehört in Uruguay zur High-Society. Die Eltern sind leider sehr früh gestorben und so kümmern sich seine zwei Brüder und er nun um alles: Das Weingut in der Nähe von Montevideo, die Farm in Mexiko und die Immobilien in den Vereinigten Staaten und in Europa.

Alleine hier in Oaxaca arbeiten je nach Saison 100 Menschen für ihn und seine Familie. Wenn er von der Farm, seinem kleinen Paradies, erzählt leuchten seine Augen: Die Hunde, Katzen und Enten die frei herumlaufen, die Pferde und die Pfaue die nur gehalten werden, weil sie schön zum anschauen sind - das ist das entspannte Leben, was ihm in Europa fehlt. Dieses Idyll ist eingebettet in riesige Papaya-Plantagen und Maisfelder. Ich müsste das unbedingt sehen und erleben - er würde mich gerne einladen, Zeit auf seiner Farm zu verbringen.


Die Alarmglocken und der Hausverstand setzt ein, aber trotzdem bin ich neugierig. Das wir früher am Abend über das spurlose Verschwinden von Leuten in Mexiko gesprochen haben und er mich davor gewarnt hat, irgendwelchen wildfremden Menschen zu vertrauen, hat er nicht besser gemacht. Ich hab mir eine Bierlänge Bedenkzeit erbeten und habe dann meine Sicherheitsvorkehrungen getroffen (Danke Ramona!). Ich wollte die Farm mit eigenen Augen sehen und die Einladung annehmen - außerdem hat Horacio mir versprochen, mich auch wieder zurück nach La Punta zu bringen, denn da wo die Farm liegt gibt es weder Taxis noch Busse.

Wir sind also los gefahren und nach guten 30 Minuten waren wir mitten in der Pampa, Straßenbeleuchtung Fehlanzeige. Über das Grundstück seiner Familie gibt es viele Märchen und Sagen - unter anderem, dass am Ende der Straße der Teufel wohnt... die Zufahrtsstraße hat sich von einer breiten Sandpiste in eine verwachsene, kurvige Schotterstraße verwandelt und man könnte echt glauben, dass man durch einen Geisterwald fährt. Mir war in dem Moment klar, dass ich jetzt entweder etwas absolut einzigartiges in meinem Leben erlebe oder irgendwo im nirgendwo hingerichtet und zerstückelt werde. Spoiler: Ich lebe noch! :)

Als wir vor der Finca vorgefahren sind hat schon der Nachtwächter auf seinen patron gewartet. Das ist nichts Unübliches hier - die Angestellten bewachen rund um die Uhr mit der Machete in der Hand das Grundstück und stellen sicher, dass sich keine Fremden nähern.

Horacio hat sich an dem Abend als der perfekte Gentleman erwiesen! Da wir vor lauter Plaudern auf's Essen vergessen haben, hat er noch für uns gekocht und ich habe derweil im Garten gesessen. Er hat nicht zu viel versprochen: Die Farm ist der Hammer - riesengroß und mit eigenem Meereszugang. Beim Relaxen in der Hängematte habe ich das Rauschen gehört... und seit langer Zeit mal wieder richtig guten Rum getrunken.

Untergebracht wurde ich in einem der Gästezimmer mit eigenem Bad - alles pipifein und top modern. Das Haus ist auf dem neusten Stand der Technik - neben dem Bett gab es einen USB Anschluss um das Handy zu laden. Horacio und seine Brüder waren es leid, ständig an Stromadapter zu denken, wenn sie Kontinente wechseln, deshalb hat sein Bruder überall USB Anschlüsse einbauen lassen.

Nach dem Aufwachen konnte ich im Hellen von meinem Fenster aus zumindest Teile der Farm überblicken... die Pfaue und Enten watschelten friedlich durch den Garten und die Pferde warteten darauf, gefüttert zu werden. Wie in einem super kitschigen Film!

Nach dem Frühstück war es Zeit, wieder in mein Strandhostel und die Beachlife-Realität zurück zu kehren - natürlich wurde ich wie versprochen heil und sicher zurück gebracht.

Dank meiner Bar-Bekanntschaft habe ich einen weiteren Eindruck davon bekommen, wie das Leben in Mexiko sein kann. Horacio führt hier definitiv ein Leben, das nicht jeder hat. Er ist am oberen Ende der Nahrungskette - nur ob das tatsächlich alles geerbet ist oder er ein von Interpol gesuchter Drogenboss ist, weiß ich bis heute nicht. :)

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