Der Low-IQ Alpha Mann und sein tägliches Verhalten

Mein derzeitiger Latino Boss bringt mich seit Tagen mehr zum Schmunzeln, als das ich ihn tatsächlich wirklich aufrichtig ernst nehmen könnte. Um ehrlich zu sein, geniesse ich das Schauspiel mit breitem Grinsen und warte jeden Tag gespannt, wie es weiter geht... Es könnte eine Daily-Soap sein: Nicht wirklich gut gemacht, aber trotzdem will man wissen, wie es weiter geht...

Als ich in seinem Hostal angekommen bin und zu zwei anderen Mädels in ein Zimmer gezogen bin, haben sie mir erklärt, dass die Dusche kaputt ist. Na ja, kaputt ist der falsche Ausdruck... der Abfluss war einfach mit Sand und langen Haaren verstopft. Ich habe die beiden höflich gebeten, die Dusche sauber zu machen, weil ich dort auch gerne duschen möchte. So richtig zuständig fühlten sie sich nicht - im Gegenteil - für die Beiden war meine Bitte eine Kampfansage. Natürlich tun sie das, was nicht so intelligente Menschen tun: Sie rennen zum Boss und petzen... und er ist wie immer um eine Lösung bemüht: Einen Installateuer der das richtet (den Abfluss sauber machen!), kann er nicht bezahlen, aber ich könnte ja in jedem anderen Hotelzimmer duschen, das gerade frei wäre. Oder in der Dusche im Garten, die er gerade etwas windschief zusammen gebastelt hat. Zur Not könnte ich auch die Dusche der Gäste verwenden, in der nach dem Strandbesuch der Sand abgewaschen wird... er hat mir auf einen Schlag 3 super geniale Alternativen geboten - Job erledigt, nun muss ich loben. :)
... ein bisschen Geduld hat sich aber bezahlt gemacht, 5 Tage später war die Dusche sauber und benutzbar. Es hat keinen Installateur gebraucht - aber ich hab wieder loben müssen. ;)

Jeder Hotelier hat ja seinen eigenen Stil sein Haus zu führen. Manchmal tut es aber richtig weh zu sehen, wie jemand der offensichtlich recht wenig Ahnung von der Materie sich aufführt und mit Gästen umgeht.

Ganz zu Beginn habe ich mich getraut zu fragen, ob es denn über Weihnachen und Silvester (Hochsaison in Puerto Escondido!) andere Preise gibt - seine Antwort war, dass er dies nicht braucht, weil er ja eh ausgebucht ist. Ich wusste schon vorher, dass dies nicht stimmt - mindestens 7 der 10 verfügbaren Zimmer waren zeitweise noch verfügbar. Aber ok, er ist der Boss und jammert den ganzen Tag wie viele Ausgaben er doch hat - aber wenn er freiwillig auf Mehr-Einnahmen verzichtet, dann soll er das.

Heute, am 21.12., 3 Tage vor Weihnachten, hat er beschlossen die Preise zu erhöhen. Nein, nicht zu erhöhen - zu verdoppeln. Dreimal dürft ihr raten, wer nun den Gästen mit den fixen Buchungen über Weihnachten verklickern darf, dass sie noch was drauflegen sollen... ;)

Seine Anweisungen sind sowieso nur mit Vorsicht zu genießen - diese können sich minütlich ändern und sind nicht ernst zu nehmen. Vor einigen Tagen hatte er die Idee, dass er eine Mindestaufenthaltsdauer von 2 Tagen einführt. Also haben eine andere Freiwilige und ich einen jungen Mann, der nur eine Nacht buchen wollte, wieder weiter geschickt... uiuiui... wie ihr ahnen könnt: großer Fehler! Unser Megahotelier hat plötzlich nix mehr von seiner schriftlichen (!) Anweisung gewußt. Während sich das andere Mädel den Zusamenschiß echt zu Herzen nahm, ging in meinem Kopf die Zirkusmusik los und die Affen tanzten mit ausgestrecktem Mittelfinger im Kreis.

Das Thema Buchungen ist sowieso ein ganz eigenes - Zimmerpreise variieren nach Lust und Laune; Mädels (vor allem hübsche) bekommen Rabatt und Männer grundsätzlich nicht. Es gibt zwar einen wunderschön übersichtlichen Belegungsplan der Zimmer, trotzdem kommt es regelmäßig vor, dass er, der Mega-Boss, Zimmer doppelt verkauft. Den Zuschlag kriegt dann der, der mehr Cash auf die Theke legt. Ein Hoch auf das Internet, wo sich diese enttäuschten Gäste Luft machen können!

Das kümmert den Latino-Macho recht wenig - er hat sowieso seine ganz eigene und einzig richtige Wahrheit. So auch kürzlich bei einem nicht so schönen Zwischenfall mit einer deutschen Backpackerin. Sie hat ein Zimmer in dem noch etwas provisorischen Dorm gebucht. Das Zimmer war bis vor kurzem noch ein Einzelzimmer, bei dem in der Regel ein Schlüssel ausreicht. Bei einem Dorm, den sich mehrere Leute teilen sollen, funktioniert das allerdings nicht - vor allem nicht dann, wenn die Rezeption nur stundenweise besetzt ist und das Haupttor irgendwann abends schliesst. Anweisung war, wir müssen den Dorm Schlüssel einfordern, wenn jemand das Gelände verlässt. Nur so können wir die weiteren freien Bette an die Walk-In Gäste verkaufen. Gesagt, getan - das Ende vom Lied war eine ausgesperrte Reisende, die dann zwar die Mobilnummer des Boss angerufen hat, aber nach 22 Uhr geht er ja grundsätzlich nicht mehr ran... das arme Mädel hat sich in ihrer Verzweiflung eine anderen Schlafplatz gesucht und wollte am nächsten Tag zumindest das Geld für diese eine Nacht retour. Der Latino-Macho sieht das aber anders: Da sie in den ersten beiden Nächten den Schlüssel mit genommen hatte, konnten wir die restlichen Betten nicht mehr verkaufen - und auch das betreffende Mädel selbst wollte erst 8 Nächte bleiben, ist dann aber nach schon nach 3 Nächten abgereist. Eigentlich wäre es demnach dann ja so, dass sie ihm Geld schuldet...

Manchmal frage ich mich, wieso solche Menschen ein Hotel führen. Ihm fehlt komplett das Verständnis davon, was Gäste brauchen um sich wohl zu fühlen. Dazu gehören einfache Dinge wie zum Beispiel ein absperrbares Fach im Dorm oder Licht im WC. Aber wenn man selbst nie gereist ist und nur eine vage Vorstellung von den Bedürfnissen von Traveller hat, muss man Gäste mit der Aussage abspeisen, dass noch nie etwas geklaut wurde. Indianer-Ehrenwort!

Über Weihnachten und Silvester wird es eng im Hotel - deshalb werden die Voluntarios in einen selbst gebastelten Verschlag ausquartiert. Staubig, stickig, ohne Licht, ohne Strom und statt einer Tür gibt es einen Vorhang. Das Highlight ist aber, dass sich die Betten direkt neben einem Backofen einer Bäckerei befinden. Dort wird ab 3 Uhr nachts gebacken und die Temperaturen im neuen Voluntario-Refugio klettert auf über 40 Grad. Erholsamer Schlaf adé!

Mir wurde ein Bett im Dorm bis zum 27.12. versprochen - dafür kriegt der Latino-Macho an 20 Stunden in der Woche ein nettes Lächeln, eine korrekte Buchführung (zumindest in meiner Schicht) und viel Diplomatie im Umgang mit seinen Gästen. Heute habe ich gesehen, dass auch mein Bett ab morgen verkauft wurde... grundsätzlich hätte ich auch nix dagegen morgen schon nach Oaxaca weiter zu reisen, den in seinen staubigen Verschlag ziehe ich garantiert nicht. Das habe ich ihm heute mitgeteilt, aber er hat gemeint, er braucht jetzt erstmal ein bisschen Zeit um sich zu sammeln... aber er wird eine Lösung finden. Ich bin gespannt!

Ernsthaft, es ist super unterhaltsam! Ich bin meistens nur zum Schlafen und Arbeiten im Hostel und geniesse ansonsten meine freie Zeit am Strand, beim Sport und beim Kaffee trinken. Und wenn mir zwischendurch fad ist, schau ich nach, was das Low-IQ-Alpha-Männchen wieder für Blödsinn angestellt hat.

An dieser Stelle übrigens ein Danke an den Menschen, von dem ich den Ausdruck Low-IQ-Alpha-Mann geklaut hab. Das beide den selben Namen haben, ist reiner Zufall - aber ich beherzige seinen Rat im Umgang mit dieser Spezies: "Treat him like a dog!"

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