Hello, Mister! - Persönliche Beobachtungen aus Sulawesi

 Sulawesi ist eine Insel in Indonesien, die eine ganz eigene Magie hat - die Form der Insel und die die vielen kleinen Inseln machen es schwierig, die komplette Insel in nur wenigen Tagen zu bereisen. Und nur wenige Tage würden der vorherrschenden Vielfalt auch nicht gerecht werden!

So mühevoll es auch manchmal sein mag, die Insel auf eigene Faust zu erkunden, so sehr wird man auch mit einmaligen Erlebnissen und Eindrücken belohnt. Neben der gewaltigen Natur findet man auf Sulawesi auch Traditionen und Kulturen, die älter als die Erinnerung der Menschheit sind und die so manchen unvorbereiteten Besucher sprachlos zurück lassen. Die Menschen folgen einem ganz eigenen Rhythmus - viel gemächlicher und in unseren Augen auch nicht effizient. Aber  am Ende des Tages kommt es selten darauf an, wie effizient eine Aufgabe gemeistert wird.

An keiner Ecke der Insel fühlt es sich so an, als wäre man in einem künstlich erschaffenen Tourismus Hotspot wie auf Bali. Die Menschen begegnen einem meistens offen und neugierig, denn eines ist sicher: Aus Ausländer auf Sulawesi fällt man auf!

„Hello, Mister!“ - ich kann es nicht zählen, wie oft ich so angesprochen wurde. Egal ob ich irgendwo auf ein Boot gewartet habe, über einen Markt gegangen bin oder mir einen historisch bedeutenden Ort angeschaut habe. Es ist schön zu sehen, dass sich die jungen Menschen aus Sulawesi trauen Ausländer anzusprechen, aber irgendwie ist das Level der Englisch-Kenntnisse auf dem Level „Hello, Mister!“ stehen geblieben. Vor allem Kinder und Jugendliche machen keinen Unterschied ob Mann oder Frau vor ihnen steht. Jeder wird mit einem neugierigen „Hello, Mister!“ begrüßt.

Leider habe ich keine genaue Zahl der Touristen gefunden, die pro Jahr nach Sulawesi kommen. Abgesehen von ein paar Hotspots wie die Togean Islands und das Toraja Hochland hat man aber oft das Gefühl fast der einzige westliche Tourist zu sein. Vor allem wenn man alleine unterwegs ist, kann es einem immer wieder passieren, dass man auf offener Straße angehalten wird und nach einem Selfie gefragt wird. Irgendwann wurde mir das zu blöd, dass lauter fremde Menschen auf Sulawesi Fotos von mir auf ihrem Mobiltelefon haben und ich habe beschlossen auch jedes Mal nach einem Foto zur Erinnerung zu fragen. Apropos fragen: Fragen ist absolut in Ordnung, womit ich mich aber unwohl gefühlt habe, war das heimliche gefilmt werden.

Irgendwann habe ich aufgegeben, mich gegen das Fotografiert werden zu wehren und es sind dadurch einige lustige Anekdoten entstanden. Ein „privater Taxifahrer“ in Luwuk, hat mich am Zielort neben seinem Auto fotografiert - für die „Dokumentation“. Einige Tage später war ich mit einem anderen Fahrer in einem Auto unterwegs und der war ganz aufgeregt, als ich in seinen Wagen gestiegen bin. Er hat mir dann erzählt, dass er mich schon kennt. Er hat das Foto mit mir gesehen. Die Welt ist klein und am kleinsten ist sie in Sulawesi in Luwuk. :)

Man erkennt dann auch recht schnell, dass es bei allen Aktivitäten zwei Preise gibt: Den für die Einheimischen und den für die „bule“ (Ausländer). Aber darüber möchte ich mich nicht beklagen, auch der in den Augen von Einheimischen wahrscheinlich unverschämt hohe Preis ist für einen westlichen Touristen immer noch leistbar und definitiv günstiger als ein Tag voller Freizeitaktivitäten im Heimatland.

Ein paar Brocken Indonesisch helfen auf Sulawesi garantiert weiter! Während man in Jakarta und auf Bali die Landessprache definitiv nicht sprechen muss, ist es in Sulawesi umso hilfreicher. Für mich einer der wichtigsten Ausrücke war „tanpa gula“ (ohne Zucker) - sagt man dies bei einer Getränkebestellung nicht extra mit dazu, kann man davon ausgehen, dass fast die Hälfte des bestellten Getränks auf Zucker besteht. Auch beim „kopi“, meistens eine günstige Form von Instant-Kaffee darf man sich nicht täuschen lassen. Wer frisch gemahlene Bohnen sucht, muss die Augen aufhalten. Nach mehreren Wochen Instant-Kaffee fühlt sich der erste „richtige“ Kaffee wie das beste Geschenk der Welt an!

Google Translate ist - nicht nur in Sulawesi - auch eine gute Option um sich zu Verständigen. Mit diesem technischen Hilfsmittel versteht man alle Fragen die einem rund um das Thema Ehe, Kinder und Religion gestellt werden. Ob und wie man darauf antworten möchte, ist dann nochmal ein ganz anderes Thema… wenn meine Chauffeure zu aufdringlich wird, dann erzähle ich ihm gerne mein Lieblingsmärchen: Mein Mann, der schon in meinem nächsten Zielort ist, freut sich schon sehr darauf mich wieder zu sehen und ich muss pünktlich vor dem Dunkel werden bei ihm sein.

Eilig haben darf man es auf Sulawesi nicht - grundsätzlich ist Indonesien nicht dafür bekannt, ein besonders pünktliches Land zu sein, das muss man einfach locker sehen. Wer die Straßen und Gegebenheiten vor Ort kennt, kann auch verstehen woher das kommt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man mit dem Auto für knappe 200 Kilometer schon mal 5 oder 6 Stunden braucht. Vor allem nach starkem Regen kann man nicht davon ausgehen, dass die einzige existierende Straße überhaupt noch passierbar ist. Was die Musikauswahl des Fahrers angeht, darf man auch nicht so zimperlich sein. Die Chancen stehen gut, dass man entweder mit Indo-Schnulzen oder laut wummerndem Disko-Sound „unterhalten“ wird, bis man das Fahrziel erreicht.


In der Nebensaison passiert es auch immer wieder, dass Boote kurzfristig gecancelt werden - wenn es zu wenig zahlende Passagiere gibt, weigert sich der Kapitän einfach zu fahren. Manchmal kann er es auch nicht, weil es tagelang kein Benzin für das Speedboot gibt und man dann einfach nix machen kann außer weiter in der Hängematte zu dösen…

An manche Dinge gewöhnt man sich in Sulawesi schnell, wie zum Beispiel der Muezzin, der schon morgens um 5 das erste Mal ruft (Augen auf bei der Wahl der Unterkunft!) an andere Dinge muss man sich langsam gewöhnen: Es gibt Reis zum Frühstück, zum Mittagessen und richtig: Noch einmal Reis zum Abendessen! Wenn man in ein „Rumah Makan“ (wortwörtlich: Haus-Essen) zum Essen geht, gibt es meistens keine Karte, sondern nur eine Auslage mit Speisen, die man per deuten auswählt und dann auch mal für 2 Mahlzeiten nur 1,70 Euro inklusive Trinkgeld bezahlt.

So heilig wie der Muezzin sind in Sulawesi auch die Moscheen und Kirchen der katholischen Gemeinde. Während viele Gebäude den Anschein machen, dass sie nur gebaut wurden um danach ohne Hast und Eile verfallen zu können, werden Moscheen und Kirchen überall gepflegt, renoviert und ausgebaut. Auf Una Una, einer 450 Seelen Insel im Golf von Tomini, gibt es zwar nur zwei kleine Dörfer aber mindestens 4 Moscheen, wobei die neuste sich derzeit im Bau befindet.

Una Una ist sowieso ein ganz spezieller Ort für mich - die Ruhe und die Abgeschiedenheit machen die Insel zum perfekten Fluchtort vor der Hektik des Alltags. Aber auf eines muss man gefasst sein: Es kann einem schon einmal passieren, dass die einzigen anderen ausländischen Gäste auch in Innsbruck leben - und das sogar nur ein paar Querstraßen weiter!




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